Luftbild, Bau von Windrädern im Wald, Veserde, Nachrodt-Wiblingwerde, Ruhrgebiet
Windräder in einem Wald im Ruhrgebiet: Mehr als acht Prozent aller Windräder stehen mittlerweile in Waldgebieten. Bildrechte: IMAGO/Hans Blossey

Erneuerbare Energien-Monitor Web-Anwendung zeigt Folgen von Windkraft und Photovoltaik für die Natur

17. Februar 2023, 15:17 Uhr

Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ hat eine Web-Anwendung gestartet, die einen Überblick über den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland liefert. Der EE-Monitor dokumentiert auch die Folgen für die Natur. Die Bilanz der UFZ-Forscher: Eine naturverträgliche Energiewende kann gelingen. Doch ein begrenztes Flächenangebot sorgt dafür, dass immer mehr Windräder in Schutzgebieten und Wäldern sowie Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen entstehen.

Flächenversiegelungen, Gefahren für Vögel und Fledermäuse oder die ungeklärte Frage des Recyclings ausgedienter Windräder: Allein am Thema Windkraft lässt sich erahnen, dass das, was fürs Klima gut sein soll, nicht automatisch auch für den Naturschutz gut sein muss. Doch die Energiewende durch den Ausbau erneuerbarer Energien ist der feste politische Wille der rot-grün-gelben Bundesregierung. So verlangt etwa das sogenannte Wind-an-Land-Gesetz, dass die Bundesländer bis 2032 zwei Prozent ihrer Fläche für Windkraftenergie ausweisen müssen.

EE-Monitor mit 41 Kennzahlen

In einem dicht besiedelten Staat wie Deutschland ist das kein leichtes Unterfangen. Konflikte sind vorprogrammiert. Die gesellschaftlichen Diskussionen, wie Natur- und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen sind, reißen nicht ab. Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ mit seinen Standorten in Leipzig, Halle und Magdeburg hat deshalb einen Monitor der erneuerbaren Energien (EE-Monitor) in Deutschland veröffentlicht. Die Web-Anwendung beschreibt anhand von 41 Kennzahlen den Stand des Ausbaus der Erneuerbaren auf Länder- und Landkreisebene und soll die "energetische und umweltbezogene Perspektive" der Energiewende in Deutschland dokumentieren. Damit soll "eine gute Wissensbasis für die Politik und den öffentlichen Diskurs" geboten werden.

Die von einem UFZ-Team unter der Leitung von Prof. Dr. Daniela Thrän entwickelten 41 Kennzahlen decken die Entwicklung zwischen 1990 und 2020 ab und lassen sich nach Wind-, Solar-, Bioenergie und Wasserkraft sortieren. Sie reichen von der Dichte der Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien auf Acker-, Grünland-, Wald- und Siedlungsstandorten über die Anlagenzahl in Schutzgebieten bis hin zur Flächeneffizienz und Leistungsdichte der Standorte. Die Kennzahlen können je nach Nutzerinteresse zusammengestellt werden, etwa nach Technologierart, regionalen oder naturschutzfachlichen Zielen.

Photovoltaik auf Freiflächen steigt

Anteil der Photovoltaik-Gebäudeanlagen an installierter Photovoltaik-Gesamtleistung seit 1990 in Deutschland
Immer noch hohes Niveau aber leicht sinkend: Anteil der Photovoltaik-Gebäudeanlagen an installierter Photovoltaik-Gesamtleistung seit 1990 in Deutschland. Bildrechte: UFZ

Nach Angaben von Projektleiterin Thrän, die zugleich Mitglied des Bioökonomierats der Bundesregierung ist, zeigten die Kennzahlen des EE-Monitors, dass eine naturverträgliche Energiewende in vielen Bereichen gelinge. So würden streng geschützte Naturflächen wie Nationalparke, Naturschutzgebiete oder Kernzonen von Biosphärenreservaten "weitestgehend" frei von Anlagen bleiben.

Nach dem EE-Monitor liegt zudem der Anteil der Gebäudeanlagen an der Photovoltaik-Gesamtleistung immer noch bei über 70 Prozent, auch wenn sich der Anteil der Freiflächen-Photovoltaikanlagen seit 1990 verdreifacht hat. Als positiv bewerten die UFZ-Forscher zudem, dass der Anteil der Photovoltaik-Freiflächen an Autobahnen und Bahntrassen im gleichen Zeitraum von 8 auf fast 21 Prozent gestiegen ist, wodurch wertvolle Biotope nicht extra zerschnitten werden müssten.

17 Prozent Windkraft in Schutzgebieten

Die Zahlen des EE-Monitors zeigen aber auch das Maß der Zerstörung von Naturräumen durch den Bau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien. Demnach lagen im Jahr 2020 17 Prozent der bundesweit fast 30.000 Windenergieanlagen in Schutzgebieten, meist in Naturparks und Landschaftsschutzgebieten. Immer mehr Windkraftanlagen werden zudem in ökologisch sensiblen Waldstandorten errichtet. Standen im Jahr 2000 lediglich 1,1 Prozent aller Windräder im Wald, waren es 2020 bereits 8,2 Prozent. Eine ähnliche Tendenz ist beim Photovoltaik-Ausbau zu erkennen. Dort hat sich die Zahl der Freiflächenanlagen in Schutzgebieten in zehn Jahren mehr als verdreifacht: von 1.208 Hektar im Jahr 2010 auf 3.812 Hektar im Jahr 2020.

Konflikte aufgrund begrenzter Flächen

Nach Aussage von Projektleiterin Thrän entstehen immer mehr erneuerbare Energien-Anlagen in Schutzgebieten, weil aufgrund "konkurrierender Nutzungsansprüche" nur begrenzt Flächen zur Verfügung stehen. Ein besseres Verständnis für die Auswirkungen solcher Projekte auf die Natur werde deshalb künftig immer wichtiger. Nach Ansicht von Projektkoordinatorin Nora Mittelstädt lassen sich mit den Kennzahlen des EE-Monitors "Potenziale und Fehlentwicklungen des Ausbaus der erneuerbaren Energien aufzeigen und die öffentliche Wahrnehmung für Naturschutzthemen der Energiewende fördern".

Für den UFZ-Agrarökologen und Windenergie-Sachverständigen Prof. Dr. Josef Settele muss der Ausbau der Erneuerbaren im Einklang mit dem Naturschutz erfolgen: "Das heißt, dass ökologisch besonders wertvolle Schutzgebiete von Windenergieanlagen freigehalten werden müssen."

(dn)

Wissen

Höhenwindrad 5 min
Bildrechte: MDR WISSEN, Daniel Berg
5 min

Erneuerbare Energien. 40 bis 50 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms sollen bis 2025 daraus stammen. Ein 92-Jähriger Leipziger hat ein neues Windrad entwickelt, das leistungsfähiger und effizienter sein soll.

MDR FERNSEHEN Fr 20.08.2021 09:58Uhr 04:48 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/windrad-der-zukunft-hoehenwindrad-102.html

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 02. Februar 2023 | 06:11 Uhr

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